Schlussbemerkungen

Schluss

Viele Menschen, die in MV leben, unabhängig davon ob sie Migrationsgeschichte haben, flüchten mussten, hier geboren und/oder hier aufgewachsen sind, haben Erfahrungen des Umbruchs gemacht. Sie mussten Veränderungsprozesse gestalten, neue Realitäten verstehen und manchmal Widrigkeiten begegnen.

Aber das hat eher etwas damit zu tun, dass es mir um so eine, wie soll ich sagen, grundlegende Lebenseinstellung geht, die die Menschen hier haben, wo ich auch das Gefühl habe, das steht einem ein bisschen im Weg, um glücklich zu sein. Und dass ich deswegen schon finde, man sollte einmal noch andere Erfahrungen machen, an anderen Orten, wie sich das das fühlt, wie sich das anfühlt, da zu leben. Und dass das hier eigentlich auch möglich ist. Aber ich habe dieses Vorpommern-Grundgefühl auch lange Zeit noch mit mir rumgetragen.
Zwei Personen von hinten zu sehen, sitzend auf einer Bank am Hafen
Foto: Mina Schmidt

Ist das ein Grund dafür, dass Menschen hier vermeintlich länger brauchen, um anderen nahe zu kommen, dass diese Annäherung buchstäblich dem Knacken einer harten Nuss gleicht? Beschreibungen eines spezifischen Lebensgefühls und Mentalitäten in Mecklenburg-Vorpommern begegnen uns zahlreich in den Interviews mit den Frauen. Die Beschreibungen dessen, wie sie die Menschen wahrnehmen, sind ambivalent.

Das finde ich toll und das muss ich auch sagen, finde ich auch heute, wenn ich meine Jugend zurückdenke, sehe ich das heute als Plus. Das hat man damals natürlich nicht so gesehen, weil man irgendwie nur wissen wollte, wo die nächste Disco ist oder so. Und das war halt immer sau weit weg, nicht, da mussten wir immer nach Greifswald fahren und so. Einer musste immer fahren, was die Arschkarte war. Aber dafür haben wir halt unsere Abende am Strand mit Lagerfeuer und so verbracht. Und ich denke mir so heute, das war doch supercool. So, man musste so ein bisschen kreativer sein, um sich seine Zeit irgendwie gut zu gestalten und das finde ich heute eigentlich auch sehr schön.

Mecklenburg-Vorpommern ist mehr als die Fassade einer Tourismusregion, es ist ebenfalls mehr als das Klischee des abgehängten Ostens. Die Menschen, die hier leben, haben vielfältige Lebenswege. Die Anerkennung dieser Realität bestimmt die dringenden gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit:

Wer darf kommen? Wer darf bleiben? Wie wollen wir zusammenleben? Wie können auch die Perspektiven derer, die heute noch marginalisiert sind, stärker eingebunden werden? Welche Maßnahmen wollen politische Entscheidungsträger:innen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Bildungsinstitutionen umsetzen, um Rassismus sichtbar zu machen und Rassismuskritik in allen Bereichen der Gesellschaft zu fördern?

Im Sinne einer pluralen und demokratischen Gesellschaft sprechen wir uns für Teilhabe aller aus, ungehindert und frei von Diskriminierungen.

Holzsteg, der in die Ostsee führt.
Foto: Aileen Schulze
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