Einleitung
Wir hier in M-V
Angst schwingt immer mit
Das Bedrohliche am Rassismus ist seine Allgegenwärtigkeit. Er zeigt sich in allen Lebensbereichen und ist unvermeidlich mit dem alltäglichen Leben verwoben. Diese Allgegenwärtigkeit hat Einfluss auf die Lebensgestaltung von Menschen, die von Rassismus bedroht sind. Die Dramatik der Einschränkungserfahrung oder alleine die Angst vor einer erneuten Konfrontation mit Rassismus sind für Personen, die zur sogenannten Mehrheitsgesellschaft gehören, kaum vorstellbar. So müssen diese sich beispielsweise nicht die Frage stellen, ob sie bestimmte öffentliche Orte – Bahnhöfe, Cafés, Spielplätze, den Elternrat im Kindergarten oder die Mensa der Schule ihrer Kinder – aufsuchen können, ohne sich einer Gefährdung oder Gewalt auszusetzen.
Es stellt ein enormes Privileg dar, sich in Mecklenburg-Vorpommern frei bewegen zu können, ohne sich dem Risiko aussetzen zu müssen, gefährdet zu sein. Seien es Blicke, Bemerkungen, Beleidigungen oder tatsächliche physische und psychische Übergriffe – Mecklenburg-Vorpommern ist kein sicherer Ort für Menschen mit Flucht- oder Migrationsbiographie.
Um die Dimension von Rassismus näher analysieren und verstehen zu können, bedarf es der Perspektive von Menschen, die alltäglich und strukturell Rassismus erfahren. Diese Dokumentation visualisiert die Ergebnisse aus dem Lagebild Rassismus „Angst schwingt immer mit - Erfahrungen von Frauen in MV", das auf Initiative von Tahera Ameer, Lola für Demokratie/Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung von einem Forschungskollektiv bestehend aus Lola für Demokratie, Tutmonde e. V. (bis Januar 2022 vertreten durch Jana Michael) und der Hochschule Neubrandenburg (Prof.in Dr. Júlia Wéber; Prof.in Dr. Christine Krüger) 2020-21 durchgeführt wurde. Die Befunde zeigen, wie Rassismus als gesamtgesellschaftliche Praxis aus Betroffenensicht wirkt und welche Umgangsweisen Frauen in MV damit entwickelt haben. Das Lagebild wurde 2022 veröffentlicht, wesentliche Inhalte sind in der vorliegenden Webdokumentation zusammengefasst.
Dank an die Interviewpartner:innen
Dank an die Interviewpartner:innen
Das Forschungskollektiv bedankt sich bei allen Frauen aus Mecklenburg-Vorpommern, die sich zur Teilnahme am Forschungsprojekt bereit erklärt und ihre persönliche Sichtweise und Erfahrungen als Interviewpartnerinnen geteilt haben. Die Perspektiven der beteiligten Frauen werden im Rahmen dieser Dokumentation anonymisiert und in wissenschaftliche Diskurse eingebettet wiedergegeben.
Fast alle Teilnehmerinnen haben sich noch Tage nach unserem Interview unwohl gefühlt, waren aufgewühlt, gereizt und auch sehr traurig. Viele haben schon während der Interviews geweint. Trotz all dem waren alle überzeugt: Die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und überall in Deutschland müssen unsere Geschichten lesen und unsere Perspektiven kennenlernen, sonst wird Diskriminierung nie enden.
Vorsicht
Hinweis
Die nachfolgenden Erzählungen enthalten rassistische Inhalte und behandeln traumatisierende Erfahrungen wie Gewalt und Ausgrenzung.